Eines
ist schon seit langem klar: Deutschland wird immer
älter. Immer mehr Alte stehen immer weniger Jungen gegen- über.
Kein Wunder also, dass auch die Parteien die Wähler- gruppe der über
60-Jährigen zukünftig stärker ins Visier nehmen wollen. Jeder
dritte Wähler hat schließlich seinen 60. Geburtstag bereits
hinter sich. Willkommen in der Altenrepublik.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat hierzu nach einem Bericht der WirtschaftsWoche mit Heiner Geißler, Norbert Blüm,
Eberhard Diepgen, Klaus Töpfer, Kurt Biedenkopf, Volker Rühe,
Birgit Breuel, Bernhard Vogel und Lothar Späth - allesamt
ehemalige Amtsträger und prominente Unions-Politiker - zu einem
ersten Meinungsaustausch in das Berliner Adenauer-Haus eingeladen.
Der Bundestagswahlkampf 2009 wirft seine Schatten voraus.
In den Parteien selbst sind die Alten auch auf dem Vormarsch. Bei
der CDU stieg der Anteil der über 60-Jährigen von 1990 bis 2007
um 19 Prozent (von 29 auf 48 Prozent) und in der SPD gar um 22
Prozent (von 25 auf 47).
"Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer
Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle
Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie", so
lautet indes eine Einschätzung Roman Herzogs angesichts einer außerplanmäßigen
Rentenerhöhung im April 2008. Zwar sehe das frühere
Staatsoberhaupt die Rentenerhöhung für verfassungsgemäß - die
Kaufkraft der Rentner sei in den letzten Jahren schließlich nicht
gestiegen - doch eine anhaltende Übervorteilung der Jüngeren könne
ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein.
Parteiübergreifendes Unverständnis gegenüber Herzog
Herzogs Warnung vor einer Rentnerdemokratie stößt jedoch
parteiübergreifend auf breiten Widerspruch. So sagte der
stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion,
Hans-Christian Ströbele, dem Kölner Stadt-Anzeiger:
"Rentner sind Bürger wie andere auch. Sie haben es nicht
verdient mit Angstszenarien die Bevölkerung gegen sich
aufzubringen." Ebenso sieht dies die frühere Bundestagspräsidentin
Rita Süssmuth in der Thüringer Allgemeinen:
"Die bescheidene Anhebung der Renten, die gerade beschlossen
wurde, gehört für mich absolut nicht in die Kategorie von Ausplünderung."
Noch habe man keinen Generationenkonflikt und herbeireden solle
man diesen schon gar nicht.
Doch Fakt ist: Der Einfluss der Älteren wächst. Walter
Hirrlinger, Präsident des Sozialverbands VdK, zur Frankfurter Neuen Presse: "Wir haben jetzt schon
über 1,4 Millionen Mitglieder. Damit sind wir größer als die
Parteien und wir wachsen täglich. Das zeugt davon, dass wir
gebraucht werden."
Der Gesellschaftsforscher und Chef des Bonner Instituts für
Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), Meinhard Miegel, sieht
angesichts solcher Zahlen erbitterte Verteilungskämpfe zwischen
den Generationen auf Deutschland zukommen. Die Jungen würden
Mittel und Wege finden, sich der Belastung zu entziehen, ganz
gleich wie die Mehrheitsverhältnisse in Zukunft aussehen mögen.
Wenn die älteren Wähler in der Mehrheit seien und sich die
Politik einseitig auf diese Wählerschicht einstelle, dann habe
Deutschland ein Demokratieproblem.
Die Jugend meldet sich zu Wort
Und die Jungen melden sich. Kai Gehring, jugendpolitischer
Sprecher der Grünen: "Rentner haben in der großen Koalition
eine starke Lobby, Jugendliche sind dagegen die vergessene
Generation dieser Bundesregierung." Vielmehr müsse gezielt
die Armut und Benachteiligung in allen Generationen bekämpft
werden.
Um dem Einfluss der Alten entgegenzuwirken, fordern andere gar die
Herabsetzung des Wahlalters. So sagte Johannes Vogel,
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, dem Hamburger
Abendblatt: "Man könnte das Wahlalter heruntersetzen,
um eine bessere Partizipation der Jüngeren zu erreichen."
Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz äußert sich für ein
Stellvertreterwahlrecht für Eltern, dass sich nach der Anzahl der
Kinder richte. Jan Albrecht, Sprecher der Grünen Jugend, fordert
eine noch drastischeren Wandel: Wahlrecht ab 14 Jahren.