Der
frühere Bundespräsident und Präsident des Bundesver-
fassungsgerichts, Roman Herzog, warnte
im Frühjahr 2008
vor einem zu großen Einfluss der Rentner in Deutschland.
Meinhard Miegel, Chef des Bonner Instituts für Wirtschaft und
Gesellschaft, stieß ins selbe Horn und rechnet für die Zukunft mit
erbitterten Verteilungskämpfen zwischen den Generationen.
Eines
ist schon seit langem klar: Deutschland wird immer älter. Immer
mehr Alte stehen immer weniger Jungen gegen- über. Kein Wunder
also, dass auch die Parteien die Wähler- gruppe der über 60-Jährigen
zukünftig stärker ins Visier nehmen wollen. Jeder dritte Wähler
hat schließlich seinen 60. Geburtstag bereits hinter sich.
Willkommen in der Altenrepublik.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat hierzu nach einem Bericht der
"WirtschaftsWoche" mit Heiner Geißler, Norbert Blüm,
Eberhard Diepgen, Klaus Töpfer, Kurt Biedenkopf, Volker Rühe,
Birgit Breuel, Bernhard Vogel und Lothar Späth - allesamt ehemalige
Amtsträger und prominente Unions-Politiker - zu einem ersten
Meinungsaustausch in das Berliner Adenauer-Haus eingeladen. Der
Bundestagswahlkampf 2009 wirft seine Schatten voraus.
In den Parteien selbst sind die Alten auch auf dem Vormarsch. Bei
der CDU stieg der Anteil der über 60-Jährigen von 1990 bis 2007 um
19 Prozent (von 29 auf 48 Prozent) und in der SPD gar um 22 Prozent
(von 25 auf 47).
"Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer
Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien
nehmen überproportional Rücksicht auf sie", so lautet indes
eine Einschätzung Roman Herzogs angesichts einer außerplanmäßigen
Rentenerhöhung im April 2008. Zwar sehe das frühere
Staatsoberhaupt die Rentenerhöhung für verfassungsgemäß - die
Kaufkraft der Renten sei in den letzten Jahren schließlich nicht
gestiegen - doch eine anhaltende Übervorteilung der Jüngeren könne
ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein.
Parteiübergreifendes Unverständnis gegenüber Herzog
Herzogs Warnung vor einer Rentnerdemokratie stößt jedoch
parteiübergreifend auf breiten Widerspruch. So sagte der
stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion,
Hans-Christian Ströbele, dem "Kölner Stadt-Anzeiger":
"Rentner sind Bürger wie andere auch. Sie haben es nicht
verdient mit Angstszenarien die Bevölkerung gegen sich
aufzubringen." Ebenso sieht dies die frühere Bundestags-Präsidentin
Rita Süssmuth in der "Thüringer Allgemeinen": "Die
bescheidene Anhebung der Renten, die gerade beschlossen wurde, gehört
für mich absolut nicht in die Kategorie von Ausplünderung."
Noch habe man keinen Generationenkonflikt und herbeireden solle man
diesen schon gar nicht.
Doch Fakt ist: Der Einfluss der Älteren wächst. Walter Hirrlinger,
Präsident des Sozialverbands VdK, zur "Frankfurter Neuen
Presse": "Wir haben jetzt schon über 1,4 Millionen
Mitglieder. Damit sind wir größer als die Parteien und wir wachsen
täglich. Das zeugt davon, dass wir gebraucht werden."
Der Gesellschaftsforscher und Chef des Bonner Instituts für
Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), Meinhard Miegel, sieht angesichts
solcher Zahlen erbitterte Verteilungskämpfe zwischen den
Generationen auf Deutschland zukommen. Die Jungen würden Mittel und
Wege finden, sich der Belastung zu entziehen, ganz gleich wie die
Mehrheitsverhältnisse in Zukunft aussehen mögen. Wenn die älteren
Wähler in der Mehrheit seien und sich die Politik einseitig auf
diese Wählerschicht einstelle, dann habe Deutschland ein
Demokratieproblem.
Die Jugend meldet sich zu Wort
Und die Jungen melden sich. Kai Gehring, jugendpolitischer Sprecher
der Grünen: "Rentner haben in der großen Koalition eine
starke Lobby, Jugendliche sind dagegen die vergessene Generation
dieser Bundesregierung." Vielmehr müsse gezielt die Armut und
Benachteiligung in allen Generationen bekämpft werden.
Um dem Einfluss der Alten entgegenzuwirken fordern andere gar die
Herabsetzung des Wahlalters. So sagte Johannes Vogel,
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, dem "Hamburger
Abendblatt": "Man könnte das Wahlalter heruntersetzen, um
eine bessere Partizipation der Jüngeren zu erreichen." Der
CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz äußert sich für ein
Stellvertreterwahlrecht für Eltern, dass sich nach der Anzahl der
Kinder richte. Jan Albrecht, Sprecher der Grünen Jugend, fordert
eine noch drastischeren Wandel: Wahlrecht ab 14 Jahren.
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