Revolution 4.0
Foto: Bosch
Text:
→Thomas Sommer
Ausgabe 17, September 2016:
Industrie 4.0
Industrie 4.0, Handwerk 4.0
oder einfach die Vierte Industrielle Revolution. Nach der
Dampfmaschine, dem Fließband und schließlich der Elektronik sind
es zukünftig intelligente Fabriken (sogenannte "Smart
Factories"), die die Geschicke und die Art und Weise der
Produktion bestimmen werden. Auf die Massenproduktion folgt der
nächste logische Schritt: Der individuelle Kundenwunsch. Durch
allumfassende Technologisierung und smarter Herstellung ist
dann die Losgröße 1 das Maß aller Dinge. Dank neuester
Computertechnologie erfolgen Fertigung und Service zukünftig
bedarfs- und verbraucherorientiert.
Die Erste Industrielle Revolution erstreckte sich von Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Bahnbrechend war in dieser Zeit der Bau der Eisenbahn und die Erfindung der Dampfmaschine. Wenn auch nicht die Erfindung (die wird gemeinhin bereits den alten Griechen zugesprochen), sondern vielmehr die Verbesserung der Dampfmaschine geht auf den Engländer James Watt zurück. Er baute aus der bereits bekannten Idee die erste wirklich funktionierende Maschine. Der Siegeszug der neuen Technik durch Europa und später in den USA war unaufhaltsam. Ab diesem Zeitpunkt waren Fabriken nicht mehr auf den bis dahin gebräuchlichen Wasserantrieb und der damit erforderlichen Nähe zu Flüssen angewiesen. Fabriken mit ihren Maschinen konnten von nun an überall aufgebaut und ihre Produkte mit der Eisenbahn transportiert werden. Die Zweite Industrielle Revolution erstreckte sich vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Diese Zeit wurde von der massenhaften Nutzung der Elektrizität und der Erfindung der Fließbandarbeit geprägt. Der Autobauer Henry Ford führte am 7. Oktober 1913 in seinem Werk Highland Park im amerikanischen Detroit das Montageband ein. Der Bau des Model T konnte bereits mit diesem ersten, noch handbetriebenen Montageband von 12 Stunden und 30 Minuten auf 5 Stunden und 50 Minuten mehr als halbiert werden. Mit der Einführung des ersten vollautomatischen Gleitbands im Jahr 1914 betrug die Montagezeit
sogar nur noch 1 Stunde und 30 Minuten. Die Produktion von billigen Massenprodukten war fortan möglich. Die Dritte Industrielle Revolution - vielfach auch Digitale oder Elektronische Revolution genannt - begann in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. An ihrem Anfang stand die Entwicklung von Großrechnern (1960er Jahre). Es folgten der Siegeszug der Personalcomputer (1970er und 1980er Jahre) und die Erfindung des Internets (1990er Jahre). Mittlerweile ist der Computer zu einem selbstverständlichen Teil unseres Lebens geworden und findet sich längst nicht mehr in schwer zu transportierenden Maschinen, sondern in leistungsstarken Smartphones und in so genannten Wearables - wie beispielsweise
den smarten Uhren - wieder. Die Vierte
Industrielle Revolution - wir stecken mittendrin.
Bezeichnet wird mit dem Begriff die enge Verzahnung der industriellen
Technologie mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Der
Eingriff in das Lebensumfeld der Menschen ist so groß, das sie nach Klaus
Schwab, dem Begründer des Weltwirtschaftsgipfels von Davos, unsere Art zu
leben, zu arbeiten und miteinander umzugehen von Grund auf verändern wird.
Internet der Dinge (IoT) und cyber-physische-Systeme (CPS) sind nur zwei der
Dinge, mit denen wir uns beschäftigen werden.
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Von
unterwegs die Jalousien schließen, mit dem Smartphone noch
schnell die Heizung steuern und auf dem Heimweg vom Kühlschrank
eine Nachricht erhalten, das die Milch zuneige geht. Immer mehr
Haushaltsgeräte sind untereinander vernetzt und lassen sich über
das Internet steuern. Das so genannte Smart Home macht unser
Leben noch komfortabler. Nach Informationen des
Marktforschungsunternehmen Gartner sollen bis zum Jahr 2020
weltweit rund 25 Milliarden vernetzte Geräte im Einsatz sein.
Neben der Bequemlichkeit stehen immer wieder vor allem die
großen Einsparmöglichkeiten bei den Energiekosten, die das
vernetzte Haus seinen Bewohnern bietet, im Fokus. Denn wer die
Heizungstermostate mit Tür- und Fenstersensoren koppelt, die
sich selbstständig ausschalten, wenn diese geöffnet sind, kann
durch intelligente Vernetzung eine Menge Geld sparen.
Aber nicht nur zu Hause sondern auch in der Industrie spielt die
intelligente Vernetzung eine immer größere Rolle. Das Stichwort
hier ist die intelligente Fabrik oder, wie es neudeutsch heißt,
die Smart Factory.
Die vier Stufen der Industriellen Revolution
In der Smart Factory sollen
sich Fertigungsanlagen und Logistiksysteme fast ohne
menschliche Hilfe ganz von allein organisieren. Wie das
geht? Mit Hilfe des Internet der Dinge (IoT - Internet
of Things) und der damit verbundenen Kommunikation
der Maschinen untereinander (M2M-Kommunikation, Maschine
zu Maschine-Kommunikation). Dazu bringt das Produkt
(beispielsweise ein bestimmtes Bauteil) seine
spezifischen Fertigungsinformationen in einer von
Maschinen lesbaren Form mittels eines RFID-Chips gleich
mit zur Fertigungsanlage. Bis zum Endprodukt läuft dann
alles bestenfalls vollautomatisch und ohne menschliche
Hilfe.
Doch nicht jedes Unternehmen wird sich
mit der gleichen Geschwindigkeit den Gegebenheiten der
neuen Technik anpassen. Gerade kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) aus Industrie und Handwerk haben
vielfach noch gewisse Berührungsängste. So mancher
Handwerksmeister fragt sich, brauche ich das überhaupt
in meinem Betrieb? Eine pauschale Antwort kann hier
natürlich nicht erfolgen. Nicht jeder Betrieb muss
sofort auf die vollautomatische Produktionskette oder
auf den Einsatz von 3-Druckern umsteigen. Über kurz oder
lang werden sich aber alle - die großen Industrieunternehmen
und die kleinen Handwerksbetriebe - auf die
Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse einstellen
müssen, um am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Daten sind das neue Öl
Jahrzehntelang war das Öl die treibende Kraft der
Wirtschaft. Nicht grundlos nennt man es daher auch das
schwarze Gold. Kriege wurden und werden geführt, um an
den begehrten Rohstoff zu gelangen. Im Zuge der
Digitalisierung bekommt das Öl jedoch einen
ernstzunehmenden Konkurrenten. Sein Name: Big Data. Denn
in Smart Factories sind Daten die neue
Wertschöpfungsquelle und werden zum neuen Öl des 21.
Jahrhunderts.
In einer Welt, in der dank IoT bald
Kühlschränke mit anderen Haushaltsgeräten kommunizieren
und das Smartphone schon längst zur Kommandozentrale des
eigenen Lebens geworden ist, wachsen die Datenberge
immer weiter. Google und Co. haben Daten und deren
Auswertung schon längst zu ihrer Geschäftsgrundlage
gemacht, andere werden folgen. Denn noch nie wurden mehr
Daten produziert als heute. Bereits 2010 sagte Eric
Schmidt, damaliger Google-CEO, dass in 48 Stunden so
viele Daten produziert würden, wie seit Beginn der
Menschheit bis 2003. Diese Aussage ist mittlerweile
sechs Jahre alt. Eine halbe Ewigkeit.
Interview mit Beate Stahl (VDMA):
Der Maschinen-
und Anlagenbau verbindet
Big Data mit Big
Thinking
Die Automatisierung der Arbeit
Und was
wird aus mir?
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